Vorbehandlung
Prallreaktor der Fa. Schäfer
Durch die Umstellung der Rohstoffbasis auf
lignocellulosehaltige Rest- und Abfallstoffe aus der Landwirtschaft ergeben sich
veränderte Anforderungen an die Vorbehandlung der Substrate gegenüber den
konventionell eingesetzten zucker- und stärkehaltigen Rohstoffen. Bei der
enzymatischen Verzuckerung wird die Cellulose mit Hilfe von Enzymen in Glucose
umgewandelt. Aufgrund der Widerstandsfähigkeit der Lignocellulose gegenüber
einem enzymatischen Angriff ist davor eine Vorbehandlung mit dem Ziel notwendig,
die komplexen Verbindungen von Cellulose, Hemicellulose und Lignin durch den
Einsatz von Chemikalien, mechanischer oder thermischer Energie sowie einer
Kombination von diesen aufzuschließen, um ein schnelles und tiefes Eindringen
der Enzyme in das Material zu ermöglichen. Dies kann durch Dampfexplosion,
Säurevorbehandlung, Behandlung mit organischen Lösungsmitteln,
Alkalivorbehandlung, CO
2-Explosion, mechanischer Zerkleinerung,
Hydrothermolyse, Behandlung mit Wasserstoffperoxid, Bestrahlung und/oder eine
mikrobiologische Vorbehandlung realisiert werden.
In einem ersten Schritt wurde im Rahmen des Projektes eine mechanische Zerkleinerung des
Pflanzenmaterials durchgeführt, um die faserige Struktur möglichst weit
aufzulösen. Weitere bereits in der Praxis eingesetzte Verfahren zur
Vorbehandlung sind die Dampfexplosion oder der Zusatz von verdünnter
Schwefelsäure. Der enzymatischen Hydrolyse widmet sich ein eigenes Kapitel.
Mechanische Zerkleinerung
Bei der mechanischen Aufbereitung, bzw. Zerkleinerung, von
Biomasse stellen sich aufgrund der teilweise auch unterschiedlichen
Stoffeigenschaften besondere Anforderungen an die Zerkleinerungsmaschinen. Zum
Beispiel sind Stroh und andere holzartige Biomasse eher hart und spröde,
wohingegen Grassilage weich, elastisch und zäh ist. Grundsätzlich geeignet für
die Aufbereitung von Biomasse sind die Zerkleinerungsarten durch Schnitt und
Prall.
Stroh vor (r.) und nach der Behandlung (l.) mit dem Prallreaktor
Im Rahmen des Projektes wurden Versuche mit einer
Prallmühle, dem sogenannten Prallreaktor, durchgeführt. Zentrales Bauteil einer
Prallmühle ist der mit einer hohen Geschwindigkeit drehende Rotor
unterschiedlichster Gestaltung. An dem Rotor können Leisten, Platten, Hämmer,
Stifte oder sogar Ketten als Prallorgane angebracht sein, die das Mahlgut durch
mehrfache Prallbeanspruchung bei hohen Umdrehungszahlen zerkleinern. Dabei kann
das Mahlgut durch Aufprallen auf die Prallorgane, auf Flächen im Mahlraum und
durch gegenseitiges aufeinanderprallen zerkleinert werden. Rotorgeschwindigkeit,
Mahlraumgeometrie und Krümmung der Prallorgane können auf das Mahlgut abgestimmt
werden. Durch eingebaute Siebe wird die Feinheit des zerkleinerten Materials
eingestellt. Alternativ findet, insbesondere bei feuchten Materialien, die
Ausschleusung über eine periodisch öffnende Auswurfklappe statt.
Eudiometer (Vergärungsstand)
Im Gegensatz zum Schnitt wird das Mahlgut bei der
Prallbeanspruchung zerrissen. Die Bruchkanten sind zerfasert und das
Zerkleinerungsgut weist dadurch eine höhere Oberfläche auf als bei der
Zerkleinerung durch Schnitt. Mit Vergrößerung der Oberfläche erhöht sich auch
die Angriffsfläche für die weitergehenden Prozessschritte. Im Prallreaktor
können auch nasse Mahlgüter zerkleinert werden. In der Regel besteht sogar die
Möglichkeit Wasser oder andere Flüssigkeiten direkt in den Reaktorraum
einzubringen. Aus diesen Gründen wurde für eine Versuchsreihe zur mechanischen
Zerkleinerung ausgewählter Substrate der Prallreaktor bestimmt.
Mit dem Prallreaktor wurden die ausgewählten Substrate
Getreidestroh, Heu, Gras- und Maissilage zerkleinert.Insgesamt stellte
sich die Zerkleinerung von Stroh und Heu mit Hilfe des Prallreaktors als
problemlos dar. Im Gegensatz dazu stellte sich die Grassilage aufgrund ihrer
Zähigkeit als schwieriger zu behandeln heraus.
Für die Einschätzung einer Wirkung des Prallreaktors auf die biologische Abbaubarkeit
der behandelten Substrate wurde das Biogaspotenzial der behandelten Substrate
bestimmt. Außerdem können die Reststoffe aus dem Brennprozess (Schlempe) unter
anderem in einer Biogasanlage genutzt werden und somit einen Teil der benötigten
Energie für die Brennereiprozesse zur Verfügung stellen.
Bei Heu und Stroh hat die Behandlung im Prallreaktor die
anaerobe biologische Abbaubarkeit erhöht. Dagegen hatte die Behandlung von
Silomais und Grassilage keinen bzw. nur geringen Einfluss darauf. Der Silomais
scheint bei der Ernte bereits klein genug gehäckselt worden sein, so dass ein
weiterer mechanischer Aufschluss unnötig erscheint. Die Grassilage stellte sich
aufgrund ihrer Zähigkeit als Herausforderung für den Prallreaktor dar.
Dementsprechend hat sich auch die anaerobe Abbaubarkeit kaum erhöht. An dieser
Stelle besteht noch Entwicklungsbedarf.
Thermischer Druckaufschluß
Dämpfapparatur
Das Gundgerüst der Pflanze, die Lignocellulose, besteht aus einem stabilen Verbund von Cellulose, Hemicellulose und Lignin. Da diese Struktur sehr fest vernetzt ist und aufgrund des Polyphenols Lignin nur sehr schwer mikrobiell abbaubar ist, muss diese Struktur erst aufgeschlossen werden. Eine Möglichkeit besteht darin, das Substrat nach der mechanischen Zerkleinerung in einem druckfesten Behälter, wie in der Abbildung dargestellt, auf über 150°C zu erhitzen und danach zu entspannen ("steam explosion"), um so die Struktur der Lignocellulose zu zerreißen. Andere Ansätze basieren auf Säure- oder Laugenaufschlüssen, Einsatz von Radikalen, sehr hohen Temperaturen, hohen Drücken und der Kombinationen der verschiedenen Aufschlussmethoden.
Bei der gewählten Methode wurden keine Zusätze außer Wasser gewählt. Der benötigte Wasserzusatz variiert stark je nach eingesetztem Substrat. Für die in diesem Projekt behandelten Substrate wurde eine Behandlungszeit von 45 Minuten bei 155°C gewählt. Die beste Wirkung der eingesetzten Temperatur lässt sich so erklären, dass kristalline Bereiche der Cellulose amorph und damit für Cellulasen deutlich besser abbaubar werden sowie ein Teilabbau der Hemicellulose stattfindet. Ebenso wird der die Cellulose umgebende Ligninmantel teilweise gelöst. Im Gegensatz zu Aufschlüssen bei höherer Temperatur bleibt der Energieeinsatz verhältnismäßig gering.
Obwohl viele der ausgewählten Substrate wie Hanf, Maissilage oder Topinamburstroh während der Fermentation gut aufgeschlossen werden konnten, war dies bei Substraten wie Miscanthus, einer Blühpflanzensilage oder auch Grassilage nicht der Fall.