Für die Bioethanolproduktion aus Lignocellulose
kommen theoretisch verschiedene Mikroorganismen in Frage. Allerdings haben
sich aus Sicht der Industrie Hefen, insbesondere die Bäckerhefe
Saccharomyces cerevisiae, als die für großtechnische Prozesse am besten
geeigneten Ethanol-produzierenden Mikroorganismen herausgestellt.
Insbesondere die exzellenten Prozesseigenschaften und die Tatsache, dass
nahezu alle Ethanolproduktionsprozesse der 1. Generation auf der Bäckerhefe
beruhen, favorisieren S. cerevisiae auch für die Produktion von
Lignocellulose-Ethanol.
Die entscheidenden Vorteile von S. cerevisiae sind
seine generelle Prozessrobustheit, die Toleranz gegenüber toxischen und
inhibitorischen Substanzen, die bei der Vorbehandlung und Hydrolyse der
Biomasse entstehen, sowie die Toleranz gegenüber hohen Zucker-, Ethanol- und
Säurekonzentrationen. Insbesondere die Säuretoleranz und die Tatsache, dass
Fermentationen mit S. cerevisiae bei niedrigen pH-Werten ablaufen sind für
großtechnische Prozesse wie die Ethanolherstellung von starker Bedeutung, da
sie die Kontaminationsgefahr im Prozess deutlich verringern. Weiterhin ist
bei S. cerevisiae die Infektionsgefahr durch Viren vernachlässigbar im
Vergleich zur hohen Infektionsgefahr durch Phagen bei einigen Bakterien.
Andere Bakterien wiederum benötigen den Prozess komplizierende und
verteuernde Erfordernisse, wie z.B. strikt anaerobe Bedingungen oder den
Zusatz von Nahrungssupplementen. Neben der Bäckerhefe wurden in letzter Zeit
auch einige nicht-konventionelle Hefen für die Produktion von
Lignocellulose-Ethanol ins Spiel gebracht. Größte Probleme mit diesen Hefen
sind jedoch niedrigere Ethanolerträge oder langsamere Fermentationsraten,
die Unfähigkeit unter strikt anaeroben Bedingungen zu fermentieren sowie
höhere Empfindlichkeit gegenüber toxischen Hydrolysatkomponenten oder dem
Endprodukt Ethanol.
Der wesentliche Nachteil von S. cerevisiae ist seine
Unfähigkeit, die bei der Lignocellulose-Hydrolyse anfallenden Pentosen
(C5-Zucker) zu vergären. Ziel des RE2ALKO-Projektes war es daher, dieses
Manko zu beheben und Hefestämme herzustellen, die auch C5-Zucker zu Ethanol
vergären. Dazu wurde ihnen gezielt das entsprechende Erbmaterial aus anderen
Hefen, Pilzen und Bakterien eingebaut. Dabei sind Hefezellen entstanden, die
sowohl C6- als auch C5-Zucker vergären können. Ausgehend von einem
industriellen Hefestamm (Ethanol Red, Fermentis/Lesaffre), der schon bei der
Produktion von Bioethanol aus Mais und Getreide eingesetzt wird, konnte ein
Hefestamm entwickelt werden, der prozesstauglich ist und nun auch die in
pflanzlichen Abfällen in großem Maße vorhandenen C5-Zucker, vor allem die
Xylose, vergären kann. Dadurch kann die Ethanolausbeute aus
lignocellulosischen Abfällen um bis zu 30-40% gesteigert werden.